Home-Produkte-KontaktDatenschutz-Letzte Änderung: 03-Jun-2001

Was fehlt im Internet?

Sven Drieling

Dieser Text zählt verschiedene Merkmale auf, die derzeit nur minimal oder noch nicht im Internet verbreitet sind. Eine zunehmende Verbreitung dieser Merkmale dürfte innerhalb der nächsten Jahren den Umgang mit dem Internet vereinfachen und das Netz zu einem alltäglicheren und allgegenwärtigen Medium werden lassen.

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Inhalt

1. Preiswerter Zugang

Die Benutzung des Internets ist immer noch relativ teuer. So kommen bei täglicher Nutzung schnell Beträge über 50,- DM im Monat zusammen. Sehr störend ist dabei die Abrechnung im Zeittakt. Dadurch wird ein unbeschwertes "Bummeln" und "Spielen" mit dem Internet durch einen ständigen Blick auf den tickenden Gebührenzähler gestört. Oder die Nutzung des Netzes auf bestimmte, möglichs preiswerte Tageszeiten beschränkt. Womit das Internet nur bedingt präsent ist und sich kein normaler Umgang mit dem Internet einstellt. Wie beispielsweise die Nutzung des Netzes, um mal kurz etwas nachzuschlagen. Das Internet bleibt so immer etwas außen vor.

2. Hohe Übertragungsraten

Für Webseiten mit Schwerpunkt auf Textinformationen sind die derzeit gängigen Übertragungsraten von 56K (analog Modem) und 64k (ISDN) ausreichend - sofern Grafiken dezent eingesetzt werden. Ein schnelles Durchblättern über verschiedene Seiten (HTML-Dokumente), wie man es von Zeitschriften und Büchern gewohnt ist, ist jedoch nicht möglich.

Wenn hochauflösende Grafiken von Vorteil oder notwendig sind, dann stossen die heute gängigen Übertragungsraten endgültig an ihre Grenzen. Das Surfen wird zur einer Geduldsprobe und schnell wird der Aufbau einer ansonsten interessanten Webseite abgebrochen. So müssen bei der Gestaltung einer Webseite heute oft Kompromisse eingegangen werden, die bei höheren Übertragungsraten nicht notwendig wären.

Animationen und Tondokumente lassen sich in guter Qualität heute nicht in Echtzeit nutzen. Aber gerade sie könnten sowohl den Unterhaltungs- als auch den Informellen-Wert des Internets deutlich steigern. Derzeit haben sie mehr spielerischen, experimentellen Charakter und eignen sich in erster Linie für einen Ausblick auf kommende Möglichkeiten und weniger zu einer alltäglichen Nutzung. Deshalb werden insbesonders deutlich erhöhte Übertragungsraten die Möglichkeiten des Internets stark erweitern und seine Nutzung angenehmer machen, da Wartezeiten entfallen werden und sich die technische Qualität der Angebote verbessern wird.

3. Asynchrone Übertragungsraten

Die DSL-Technik bietet höhere Übertragungsraten diese stehen oft aber nur in der asynchronen Variante zur Verfügung. Hierbei stehen für den Download deutlich höhere Übertragungsraten als für den Upload von Daten zur Verfügung. Dies ist insbesonders für Peer-To-Peer-Dienste (Napster) ein starker Nachteil und macht ebenfalls den Upload größerer Datenmengen auf den Rechner des Providers unkomfortabel.

4. Micropayment

Dem Internet fehlt ein System zum Bezahlen kleiner Beträge wie es z.B. bei T-Online (BTX) zur Verfügung stand. Das hat den Vorteil, dass Webseiten in der Regel kostenlos sind und sich über Werbung und oder Drittmittel finanzieren. Der Nachteil liegt darin, dass mit einer Website direkt nur relativ umständlich über Passwortgeschützte Bereiche und konventionellen Zahlungsmethoden wie Überweisung und Kreditkarte Geld verdient werden kann. Praktisch wäre die Möglichkeit, gleich direkt, per Mausklick, für den Inhalt einer Seite einen Pfennigbetrag oder für ein Online-Buch auch einen größeren Betrag bezahlen zu können. Mit einem solchen System könnten auch mit kleinen, privaten Webseiten, bei entsprechenden Inhalten, ein wenig Geld verdient werden.

5. Überall benutzbar

Die Benutung des Internets beschränkt sich heute auf dem Desktop-PC im Arbeitszimmer. Der ist groß, schwerfällig und teuer. Dadurch ist das Internet immer ein wenig unbequem. Anstatt direkt von Sofa, im Wohnzimmer, surfen zu können, muss erstmal umständlich der Raum gewechselt und der Rechner hochgefahren werden.

Was derzeit noch fehlt sind preiswerte Webpads im DIN-A5- und DIN-A4-Format, die leicht überall mit hin genommen werden können und so einen alltäglichen Umgang mit dem Internet ermöglichen wie man es vom Buch, der Zeitung, dem Radio und TV gewohnt ist.

Hierzu zählt auch die Möglichkeit das Internet ortsunabhängig über schnelle, drahtlose Verbindungen nutzen zu können wie es beipielsweise mit UMTS möglich sein wird.

6. Mehr Bücher

Derzeit gibt es nur recht wenige Bücher zum online Lesen im Netz. Eine Recherche im Internet endet so schon mal schnell bei einem Verweis auf ein Buch, dass nicht übers Internet zugänglich ist, sondern erstmal aus einer Bibliothek ausgeliehen oder bei einem Händler gekauft werden muss. Das Internet stößt derzeit so im Bereich tiefergehender Informationen schnell an seine Grenzen.

7. Komfortable Foren

Trotz des Usenets sind Web-Foren sehr beliebt. Ihr Vorteil liegt darin, dass sie direkt auf einer Website laufen und somit keinen Kontextwechsel erzwingen. Zudem kann man als WebseitenbetreiberIn problemlos von eben auf jetzt sein eigenes Web-Forum einrichten, was im Usenet nicht möglich ist. Problem bei Web-Foren ist jedoch, dass sie dem Komfort von Newsreadern fürs Usenet weit hinterherhängen. Von dort gewohnte Standardfunktionen wie die Anzeige nur neuer Beiträge, Filter oder einfach nur die einheitliche GUI für Newsgroups aus den verschiedensten Bereichen fehlt.

8. Verbindung zwischen WWW und Usenet

Das WWW ist ein gutes Medium zum Veröffentlichen von Informationen. Das Usenet ist ein gutes Medium, um über diese Informationen zu diskutieren. Eine natürliche Verbindung zwischen diesen beiden Medien gibt es aber nicht. Sie fristen beide ihr eigenes, unabhängiges Dasein. Man kann zwar auf eine Newsgroup und einzelne Beiträge verlinken, nur landet man dann automatisch in einer anderen Umgebung. Zudem ist es nicht unbedingt gerne gesehen, wenn innerhalb einer allgemeinen Usenet-Gruppe plötzlich über eine spezielle Homepage diskutiert wird. Hilfreich wäre es daher, wenn man zum einen unter einer Webseite automatisch die Einträge einer bestimmten Newsgroup erscheinen würden und zum anderen, wenn man problemlos eine Gruppe für die eigene Website einrichten könnte. BesucherInnen könnten dann über die Webseite oder insbesonders bei täglicher Nutzung, dass Usenet mit dessen komfortablen Newsreadern zum Diskutieren nutzen.

9. Gedächtnis fürs Internet

Das Internet hat kein Gedächtnis. Inhalte gehen genausoschnell wieder verloren wie sie auftauchen. Während gedruckte Erzeugnisse noch Jahrzehnte und Jarhunderte später in ihren Originalzustand betrachten werden können, ändern sich Webseiten stetig oder verschwinden ganz, ohne dass es eine Möglichkeit gibt, auf ehemals vorhandene Inhalte zuzugreifen. So gut sehr viel verloren und eine Erforschung der Geschichte des Internets ist nicht möglich.

10. Links, die nicht ins Leere gehen

Ein immer wiederkehrendes Ärgernis sind ungültige Links. Dabei ist der Inhalt als solcher eventuell noch im Netz zu finden - nur er ist jetzt über eine andere Adresse erreichbar. Dies betrifft zum einen Inhalte, die auf Freewebspace-Servern ohne eigene Domain liegen und und beim Wechseln des Providers eine neue URL erhalten als auch Seiten mit eigener Domain, bei denen durch eine Neustruktierung der Seite die ursprünglichen Pfade verloren gegangen sind.

Besonders ärgerlich ist dies bei Quellenangaben, da ohne einen gültigen Link nicht mehr die Möglichkeit besteht, den Inhalt der Quelle überprüfen zu können.

Hilfreich wären Domains für jeden einzelnen Menschen (zumindest auf Lebenszeit) und eine intensivere Nutzung von Techniken, die eine Abbildung von geänderten URLs auf ihre neue Position unterstützen.

11. Verlinkung auf Frames

Frames werden gerne eingesetzt, weil sie z.B. die ständige Präsenz von Steuerelementen erlauben. Sie werfen aber auch verschiedene Probleme auf. Das größte ist, dass nur auf ein Frameset im Originalzustand verlinkt werden kann. Ein verlinken auf eine Frame-Seite, die nach einigen Klicks ihr urprüngliches Aussehen gründlich verändert hat, ist allenfalls mit Tricks und damit nur recht aufwendig möglich. So ist es bei Links auf bestimmte Inhalte einer Frameseite oft nötig, zu beschreiben wie man zum gewünschten Inhalt gelangen kann.

12. Alles ist anklickbar

Auf Webseiten sind derzeit nur die Wörter (und Grafiken) anklickbar, die explizit dafür vorgesehen sind. Praktisch wäre es, wenn man zusätzlich auch andere Wörter im Fließtext anklicken könnte, um sich so z.B. ein unbekanntes Fremdwort erklären zu lassen oder um "Seiten", z.B. die einer Firma, aufzurufen, die nicht von den Erstellern mit einem Link versehen worden sind. Teilweise ist diese Funktionalität schon vorhanden. Sie wird von Erweiterungen zur Übersetzung von markierten Textabschnitten genutzt.

13. Links auf bestimmten Bereich

Links können immer nur auf einzelne Dokumente oder auf Positionen, die innerhalb dieser Dokumenten von den ErstellerInnen dafür markiert worden sind gesetzt werden. Die Möglichkeit, sich eine beliebige Stelle heraussuchen und darauf einen Link setzen zu können fehlt.

14. Markierung von Bereichen

Während man bei gedruckten Magazinen und Büchern die Möglichkeit hat interessante und wichtige Passagen mit einem Textmarker zu markieren, fehlt diese Möglichkeit bei HTML-Dokumenten. So muss man immer wieder längere Texte durchsehen oder die Suchfunktion bemühen, um eine schon mal gelesene Textpassage wiederfinden zu können.

15. Seiten können erweitert werden

Fremde Webseiten können nicht um eigene Inhalte ergänzt werden. Dies ist einmal sinnvoll, weil öffentlich zugängliche Seiten nicht verändert werden sollen. Bei der lokalen Kopie einer Webseite auf dem eigenen Rechner wäre es aber hilfreich sich wie bei einem Magazin Notizen machen zu können. Diese könnten auch der Allgemeinheit in Form angehefteter Notizen verfügbar gemacht werden.

16. Mathematische Formeln

Obwohl es schon im HTML 3.0-Entwurf Elemente für mathematische Formeln gab ist MathML weiterhin kaum verbreitet. Für entsprechende Veröffentlichungen muss so oft auf Grafiken oder andere Formate wie Postscript zurückgegriffen werden. Gleiches gilt für andere speziellere Darstellungen wie chemische Formeln und Notensätze.

17. Vektorgrafik

Eine wichtige Eigenschaft von HTML-Dokumenten liegt darin, dass sie mit sehr unterschiedlichen Auflösungen betrachten werden können. Bilder können im WWW derzeit aber nur sinnvoll als Bitmapgrafiken verbreitet werden, die sich nur bedingt fürs Skalieren eignen. In vielen Fällen könnte aber auch ein Vektorformat für eine Grafik verwendet werden. Vektorgrafiken eignen sich sehr zum Skalieren und können somit innerhalb eines größeren Auflösungsbereichs als Bitmapgrafiken sinnvoll eingesetzt werden.

Bisher ist als Vektorformat jedoch nur Flash verbreitet, was ein eigenständiges System darstellt und sich nur per Plugin nutzen läßt. Da es zudem nur spärlich dokumentiert ist, ist die Anwendung auf wenige Rechnersysteme beschränkt. Eine weite Verbreitung des SVG-Formats vom WWW-Konsortium fehlt bisher.

18. Mitfließende Grafiken

Bei Druckwerken gibt es das Problem, dass sich aus Platzgründen eine Grafik und der sich darauf beziehende Text nicht immer auf einer Seite befinden können, so dass in solchen Fällen zwischen Grafik und erklärenden Text hin- und hergeblättert werden muss. Im WWW tritt derselbe Effekt auf. Dabei ist es bei einem elektronischen Dokument möglich, dass die Grafik auf dem Bildschirm stehenbleibt und nur der Text scrollt bis ein neuer Abschnitt beginnt und eine neue Grafik eingeblendet wird. Mit ein wenig basteln, kann dies heut schon mit Frames oder auch Layern erreicht werden. Dies hat aber mehr den Charakter einer Bastellösung und weniger einer allgemeinen, sinnvollen und einfachen Anwendung.

19. Weniger Plugins

Immer wieder wird für eine Website ein bestimmtes Plugin benötigt, um die Site nutzen zu können. Von der reinen Anwendung her kann dies sinnvoll sein aber es wird auch immer wieder gerne auf allgemeinere Alternativen wie MPEG verzichten, so dass sich insbesonders für Videoclips schnell eine größere Anzahl unterschiedlicher Plugins ansammelt - vorausgesetzt sie sind für die eigene Browser-/Betriebssystem-Kombination erhältlich.

Eine vermehrtes, zusätzliches Anbieten von offenen und dokumentierten Standards wie MPEG u.ä. sowie eine Nutzung des universell einsatzbaren Plugins "Java" könnten das Plugin-Problem zumindest reduzieren.

20. Druckqualität

HTML-Dokumente sind auf die Darstellung am Bildschirm zugeschnitten. Das Ausdrucken einer einzelne Seite oder von längeren Dokumenten ist zwar möglich und wird teilweise auch durch Druckversionen einer Website unterstützt, das Resultat ist aber weit von der Qualität eines Buchdrucks entfernt. Inhaltsangaben und Seitennummern fehlen und typografische Feinheiten, wie z.B. die von TeX bekannten drei unterschiedlich breiten Strichen für das Trennzeichen, dem Verbindungszeichen und dem Gedankenstrich oder einfach nur die gewohnten unten und oben stehenden Anführungszeichen im Deutschen gibt es in der Regel nicht. Sie sind mittlerweile aber über Unicode möglich.

21. Authentizität von Seiten

Derzeit kann man sich nicht sicher sein, ob eine Seite wirklich von dort stammt wo man sie aufgerufen hat und ob ihr Inhalt nicht durch dazwischenliegende Server verändert worden ist. Mit HTTPS steht zwar ein Protokoll hierfür zur Verfügung, dies wird aber in der Regel nicht benutzt. Zudem hilft es nicht bei HTML-Dokumenten weiter, die auch auf anderen als dem Originalserver liegen oder über andere Medien wie E-Mail und CD-ROM verteilt werden. Mit der allgemeinen Verwendung von digitalen Signaturen bei HTML-Dokumenten kann man sich sicherer sein, dass eine solches Dokument dem Original entspricht.

22. Bookmarks zum Mitnehmen

Bookmarks liegen immer nur auf einen bestimmten Rechner. Ein "Mitnehmen" der eigenen Bookmarks auf einen beliebig anderen Rechner, auf dem sie auch um weitere Links erweitert werden können, ist nicht möglich. Hierfür gibt es zwar entsprechende Dienste im WWW, diese werden aber oft nicht direkt von Browsern unterstützt und lassen somit den gewohnten Komfort vermissen. Zudem stellt ein zentraler Service ein Sicherheitsproblem dar.

23. Editor mit Verbindung zum Rechner

Die Texteingabefelder innerhalb von Browsern führen ein Eigenleben. Sie sind recht gründlich vom übrigen Teil des Rechners getrennt und ihre Bedienung entspricht häufig nicht dem Möglichkeiten des bevorzugten Editors. Solange dies nur Eingabeformulare für Gästebücher u.ä. nur selten benutzte Formulare betrifft hält sich der Nachteil noch in Grenzen. Bei täglich benutzten Web-Foren oder einem Content-Management-System, zum Verwalten einer Website, beginnt man aber schnell die gewohnten Features des Lieblingseditors zu vermissen. Hierzu zählt neben den Tastenkombinationen und der Undofunktion auch das Einfügen von Texten über einen Dateirequester.

24. Cut & Paste mit Tags

Im Browser können zwar Texte markiert und ausgeschnitten werden. Dies betrifft aber den reinen ASCII-Text. HTML-Elemente gehen dabei vorloren, so dass ein fettgedruckter Text nur noch in normaler Schrift vorliegt und eine Tabellenstruktur ganz verloren geht, insbesonders wenn die Daten weiter in Tabellenform verarbeitet werden sollen.

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